Dritter Erfahrungsbericht

18. Juni 2007

Hier kann man meinen dritten Erfahrungsbericht herunterladen.
Zuerst einmal möchte ich mich für die längere Funkstille entschuldigen. Dafür habe ich in meiner mehrtägigen Arbeitsphase einen durchaus sehr informativen Bericht über die Monate Januar, Februar und März meines Freiwilligen Sozialen Jahres in Buenos Aires schreiben können. Auf 37 Seiten beinhaltet dieser folgende Themen:

  • Arbeitsphase in der colonia (Sommerferienbetreuung) des Casa del niños (Kinderhaus)
  • Meine erste große Reise
  • Zwischentreffen aller südamerikanischen wise e.V. Freiwilligen in Cochabamba, Bolivien
  • Projektbesuch von Pablo Schickinger und Cordula Müller (Vorstande von wise e.V.)

Man sollte sich aufgrund der Seitenzahl nicht abschrecken lassen, da es durch die strukturierte Gliederung möglich ist, nur einzelne Teile (zum Beispiel über meine Arbeit) zu lesen. Auch muss ich erwähnen, dass der Bericht über meine Reise sehr ausführlich ist, was an meinem Hang zur Geographie und Fotografie liegt.

Wer Fragen hat, oder weitere Informationen bezüglich meines Freiwilligen Sozialen Jahres in Buenos Aires erhalten möchte, kann mir eine Email an patrick.wagner (at) wi-ev.de schicken.
Ich freue mich über Fragen, Anregungen, Lob und Kritik.

Ich wünsche Ihnen eine angenehme Zeit beim Lesen.

Der Vierte Tag…

08. Juni 2007

… als Cartonero ist ausgefallen, da sich Chucky gestern beim Müllsammeln am Bein verletzte und sich die Wunde heute verschlechtert hat. Über diese Tatsache war ich mehr als glücklich, da mir die Arbeit logischerweise nicht sehr viel Spaß bereitet. Vielmehr möchte ich niemanden wünschen einmal als Cartonero arbeiten zu müssen, denn es ist wirklich ein menschenunwürdiger Beruf.

Morgen werde Chucky und ich zum Letzten Mal zusammen losziehen. Ich habe noch vor ein kleines Interview mit ihm zu führen und einige Bilder zu schießen, damit man sich ein besseres Bild machen kann.

Heute kann ich schon einmal ein Foto des alten Mercedeslastwagen „Los Mochos“ zeigen, mit dem ich nun schon drei Mal ins Capital gefahren bin. Darauf kann man die Cartoneros, sowie die Karren, mit denen der Müll transportiert wird, sehen. Die ganze Szene befindet sich an der Straßenkreuzung direkt neben dem Projekt Che Pibe.

Für mich war es eine schwere Gewissensfrage so ein Foto ins Internet zu stellen. Denn eigentlich habe ich große Probleme ein Bild, welches Armut zeigt, zu machen und zu veröffentlichen. Allerdings habe ich vorher die Cartoneros, sowie den Lastwagenfahrer um Erlaubnis gebeten, damit zumindest ein kleiner Teil meines schlechten Gewissens befriedigt wird. Außerdem versuche ich auch die Leute in Deutschland für dieses Thema zu sensibilisieren und erhoffe mir, dass ich somit ein etwas größeres Augenmerk auf die Armut in Südamerika richten kann.

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Der dritte Tag

07. Juni 2007

Heute ging es wieder auf ein Neues los, nur dass ich nicht wirklich Lust hatte, einen weiteren Tag als Cartonero zu verbringen. „Wenn ich jetzt nur wie gewohnt nach Hause fahren könnte, das wäre etwas“, dachte ich vor mir her. Dennoch besitze ich einen eisernen Willen, wenn ich mir etwas vorgenommen habe. Und mit Chucky ist eben ausgemacht, dass ich ihn eine Woche begleiten werde. Und was ich versprochen habe, das halte ich auch ein.
Am Anfang verspürte ich noch eine große Neugierde, wollte ein kleines Abenteuer erleben, aber vor allem neue Eindrücke und Erfahrungen sammeln. Aber nun stellte sich so langsam die Routine ein, bereits nach zwei Tagen. Dieser Art der Arbeit ist einfach nur hässlich.

Desto mehr freute ich mich, als mir ein freudiges, auf schlechtes Englisch gesprochenes „Hallo, how are you“ vom Laster entgegenkamen und ich einigen Jugendlichen die Hand schütteln musste. Mit den Zurufen „ey, aleman“ winkte mir Mario, ein Jugendlicher den ich vom cine taller (Kinoworkshop) kenne, vom Hinteren Teil des Lasters zu. Spätestens jetzt kennt mich der ganze Laster, dachte ich mir nur und suchte wieder die Nähe zu Chucky.
Dieser saß aber auf den hohen Seitenwänden des Lasters, weswegen ich beschloss mich zu ihm zu gesellen. Bei den eigentlichen Cartoneros sieht das immer ziemlich lässig und einfach aus, wie sie da oben auf den Seitenwänden des Lasters herumbaumeln; allerdings machen sie das ja auch fünf Tage in der Woche. Ich hingegen verkrampfte mich total und klammerte mich an das kühle Eisengestell fest und versuchte möglichst nicht herunterzufallen. Und das war dann auch das einzige was ich die ganze Fahrt über getan habe. Als wir endlich ankamen, tat mir mein Hintern ziemlich weh. Wie die eigentlichen Cartoneros das machen, wird mir wohl immer ein Rätsel bleiben.

Meine Theorie von gestern hat sich als wahr herausgestellt. Heute mussten wir ebenfalls große Wege zurücklegen, um überhaupt nicht durchsuchte Müllbeutel zu finden. Außerdem gibt es ja noch viele andere Cartoneros. Am Ende gingen wir wieder zu der Stammstraße von Chucky, wo wir darauf warteten bis die Leute nach und nach ihre Müllbeutel herausstellten. Endlich konnten wir unseren viertel vollen Beutel bis obenhin mit Verwertbaren füllen. Als wir dann zurück zum Lastwagen fuhren, war ich mehr als glücklich, wieder einen Tag als Cartonero überstanden zu haben.

Was ich heute sehr überraschend fand, dass uns ein Polizist zu einer Farmacia (Apotheke) geführt hat, von der wir daraufhin eine größere Menge an Karton erhalten haben. Das liegt daran, da im Januar des Jahres 2003 das Ley 992 (Gesetz 992) verabschiedet wurde. Die wichtigsten Punkte dieses Gesetzes sind folgende:

  • Den Cartoneros ist es erlaubt recycelbares Material in den Straßen zu sammeln
  • Es darf kleine und mittelgroße Firmen geben, die mit dieser Aktivität zusammenarbeiten
  • Die Cartoneros dürfen sich in Gruppierungen vereinen

Dank dieses Gesetzes haben die Cartonero nun mehr Rechte und letztes Jahr fand sogar der „1 º Congreso Nacional de Cartoneros“ (der erste nationale Kongress der Cartoneros) in Mar del Plata statt, wo verschiedene Vorträge und Workshops rund um das Thema Cartonero angeboten wurden.
Aber den Cartonero ist es auch möglich sich offiziell in Gruppierung, wie der „Movimiento Nacional de Trabajadores Cartoneros y Recicladores „ (nationalen Bewegung von Cartoneros und Recyclern) zu vereinigen. Somit können sie für mehr Rechte kämpfen.

Allerdings ist erst seit der großen Wirtschaftskrise im Jahr 2001 eine derart hohe Quantitäten von Cartoneros in Buenos Aires aufgetreten, so dass die Straßen von diesen überschwemmt wurden. Bereits am Ende des Jahres reichte man als Reaktion den Gesetzesentwurf für das Ley 992 ein.
Heute arbeiten, laut einer UNICEF Argentina Studie aus dem Jahr 2005, 8.762 cartoneros in den Straßen von Buenos Aires. Etwa 39% davon sollen Einwanderer sein und fast die Hälfte der Müllsammler sind Kinder und Jugendliche. Die wirkliche Zahl schätze ich aber weit aus größer ein.

Mein zweiter Tag in der anderen Welt

06. Juni 2007

Heute, am Dienstag, der 05.06.2007, trat ich meinen zweiten „Arbeitstag“ als Cartonero an. Wie schon gestern wartete ich an der Straßenkreuzung vor dem Projekt „Che Pibe“, diesmal aber ganz alleine. Als der Lastwagen kam, konnte ich schon weit oben auf der Seitenwand sitzend Chucky erkennen. Also fasste ich all meinen Mut zusammen und versucht so zu wirken als wäre es das normalste der Welt, dass ich zu dem Cartoneros auf dem Lastwagen steige. Oben angekommen, suchte ich so schnell wie möglich die Nähe zu Chucky, um mich wenigstens etwas besser zu fühlen.
Aber trotzdem empfinde ich dasselbe wie gestern: ein komisches, schlechtes oder besser gesagt beschissenes Gefühl. „Das hier ist einfach nicht der Ort, wo ich sein sollte“, dachte ich mir. Ich bin hier der reiche Deutsche unter wirklich armen Argentinier aus Villa Fiorito. „Es ist eben unmöglich die Armut vorzutäuschen“, dachte ich mir. Obwohl ich mich hier gerade in derselben Situation, wie die anderen Cartoneros befinde, weiß ich, dass ich Deutscher bin, dass ich jederzeit nach Deutschland zurückkehren kann und dass ich im Vergleich zu diesen Leuten einfach nur steinreich bin.

Heute war ich schon etwas bekannter auf den Laster und ich wurde teilweise mit einem freudigen Hallo oder Zuwinken begrüßt. Als wir in das Capital eindrangen und wieder die Welt des Reichtums und die Welt der Armen aufeinander trafen, empfand ich ein minimal größeres Zugehörigkeitsgefühl. Denn nun gehörte ich eindeutig zu der ärmeren Bevölkerungsschicht, ich befand mich zumindest auf ihren Laster.
Wie mir Chucky erklärte, schlagen wir heute einen etwas anderen Weg als gestern ein, da es viel mehr Verkehr gibt. Wir fuhren durch eine Alleestraße und alle Leute auf den Seitenwänden mussten sich ducken, um den gefährlich nah kommenden Baumästen auszuweichen. Von dort oben, wurden den Frauen auf den Straßen laut nach gepfiffen und auch schon mal der ein oder andere dumme Kommentar losgelassen. Andere hingegen bevorzugten es lieber mit ihrem mobilen Radio das aktuelle Fußballspiel mitzuhören und immer wieder den Anderen ein leises „gol“ mitzuteilen, wenn ein Tor gefallen war.

Heute fing der Arbeitstag eher ruhig an. An der Stelle, wo wir gestern noch sechs große, schwarze Müllbeutel abholten, fanden wir heute nur zwei vor. Irgendwie ist es logisch, dass man am Montag mehr Müll findet, da es am Sonntag keine Müllabfuhr gibt, erklärte ich mir diese Tatsache. Allgemein mussten wir heute von 18.00 Uhr bis 20.00 Uhr viel längere Wege als gestern zurücklegen, da viele noch nicht ihren Müll herausgestellt hatten, beziehungsweise es nicht so viele Müllbeutel wie gestern gegeben hat. Und außerdem gibt es auch massenweise „Konkurrenz“. Ich habe viele andere Cartoneros gesehen und vor allem viele Müllbeutel, die bereits durchsucht wurden. „Müllbeutel, die gerade von anderen Cartoneros durchsucht werden, darf ich nicht anlangen“, erklärte mir Chucky diesen Ehrenkodex der Cartoneros.
Aufgrund dieses „Arbeitsmangels“ spendierte Chucky mir zwei Runden alfajores (argentinisches Gebäck) und man hat auch schon mal die Zeit, um ein kurzes Gespräch mit anderen Cartoneros aus Villa Fiorito, die hier ebenfalls arbeiten, zu halten.
Um 20.00 Uhr begaben wir uns aber in die Straße, wo Chucky immer Müll sammelt und wo normalerweise keine anderen cartoneros sind. Langsam begannen die Leute nach und nach den Müll herauszuholen und somit hatten wir wieder viel zu tun. Am Ende schafften wir es zumindest einen großen Korb mit wieder verwendbarem Müll zu füllen. „Manchmal schaffe ich es alle zwei Beutel (so wie gestern) zu füllen. An schlechteren Tagen bringe ich aber auch nur einen Beutel mit nach Hause“, erklärte mir Chucky.

Am Ende des Tages erzählte mir Chucky, was man für ein Kilo eines bestimmten Materials bekommt. Hier einige Auflistungen

  • Kupfer – 16 Peso (4 €)
  • Aluminium – 5 Peso (1,25 €)
  • Blei – 3,60 Peso (0,90 €)
  • Weißes Plastik – 1 Peso (0,25 €)
  • Weißes Papier – 0,72 Peso (0,18 €)
  • Grünes Plastik – 0,40 Peso (0,10 €)
  • Karton – 0,27 Peso (0,07 €)
  • Glas – 0,10 Peso (0,03 €)

Nachdem Chucky die 40 Peso Gebühr für die Mitnahme im Laster bezahlt hat, bleiben ihm ungefähr jede Woche noch 150 Peso (37,50 €) übrig, erzählte er mir.

Heute ist mir positiv aufgefallen, dass es auch einige Leute gibt, die den Cartoneros helfen. Zum Beispiel gab uns ein Straßenreiniger alle Plastik- und Glasflaschen aus einem öffentlichen Mülleimer, was ich wirklich sehr nett fand. Auch brauchte uns heute eine Frau einen riesigen Karton voller Zeitungen, den sie extra gesammelt hat. Solche Gesten gegenüber Cartoneros zeigen zumindest etwas Respekt vor ihrer Tätigkeit und diese halte ich für angebrachter, als böse Zurufe, dass man doch woanders Müll sammeln soll.

Mein erster Tag in einer anderen Welt: die Arbeit eines Cartoneros

05. Juni 2007

An diesem Montag, der 04.06.2007, ging ich nicht wie gewohnt nach der Arbeit im Villa Fiorito nach Hause. Ich setzte mich an die dem Projekt gegenüberliegende Straßenseite und wartete auf meine ungewöhnliche Verabredung.

Denn heute werde ich mich an dieser Kreuzung mit Chucky treffen. Chucky ist eines meiner Projektkinder im casa de joven (Jugendhaus) von Che Pibe. Er ist 16 Jahre alt, hat erst letztes Jahr die fünfstufige Primaria (erste Schulstufe in Argentinien) abgeschlossen und besucht nun die Secundaria (letzte, siebenstufige Schulstufe in Argentinien). Auf mich macht er einen sehr vernünftigen Eindruck, er ist clever und hat eigene Vorstellungen für seine Zukunft: ich will mit meiner Freundin zusammenziehen und mein eigenes Zimmer mit allem was man braucht ausstatten.
Um sich diesen Traum zu verwirklichen, wird Chucky noch viel Geld sparen müssen. Denn das Arbeitsangebot ist, in so einem marginalisierten Armutsviertel, wie es Villa Fiorito darstellt, nicht besonders groß. Deswegen arbeiten viele Jungen und Alten in einem Sektor, der in Deutschland völlig unbekannt ist: sie sind cartoneros.

Da es in Argentinien kein Recyclingsystem gibt, werden Papier, Plastik, Karton und Glas zusammen in den Abfall geschmissen. Und genau diese kostbaren, wieder verwertbaren Rohstoffe sammeln die Cartoneros im Müll des Capital Federal von Buenos Aires, um es dann später verkaufen zu können. Sozusagen, tröpfeln einige Pesos von dem Müll der Reichen in die Hände des Armenheeres, das um die Großstadt herum in Ghettos lebt.
Und auch Chucky verdient sich sein tägliches Brot mit dieser Form des Arbeitens. Aber eigentlich könnte man annehmen, dass Chucky ein ganz normaler Junge ist, der in die Schule geht und lediglich seine Jugend genießen will. Als er die Straße hinaufgelaufen kam, erkannt ich ihn schon von weiten an seiner Kleidung: seine Baseballcap tief ins Gesicht gezogen, weite lässige Jeans und dazu trug er ein Nike T-Shirt. Nur die Umgebung um ihm herum, trügte das Bild des ganz normalen Jungen: alles im Viertel Fiorito ist voller Müll, die Häuser an der Erdstraße sind in einem sehr schlechten Zustand und vor diesen läuft die Kloake durch schmalen Rinnen ab.

„Gleich geht’s los. Ich habe den Karren schon auf den LKW geladen.“, begrüßte er mich mit einen freundlichen Handschlag. Kurze Zeit später hörte man schon den alten Diesellastwagen von weitem herankommen. „Los Mochos“ heißt er, erklärte mir Chucky. Dann konnte ich ihn auch sehen: es waren circa dreißig andere Cartoneros darauf. Viele saßen weit über der Straße, auf den Seitenwänden der Ladefläche des LKWs.
Irgendwie hatte ich bei den Gedanken, auf diesen LKW mitzufahren, kein sehr gutes Gefühl. Aber ich hatte nicht viel Zeit zum Nachdenken, denn Chucky drängte mich schon dazu aufzusteigen. Als ich endlich oben war, verschwand dieses Gefühl einfach nicht. Ich dachte mir, das ist nicht meine Welt und schaute mich um: ein zwölfjähriges Mädchen, ein kleiner achtjähriger Junge mit seinem Vater, ein junges Liebespaar, das sich vor den Wind schützend eng zusammen kuschelte, ein alter Mann mit schiefen, schwarzen Zähnen und viele andere junge Leute. Und mittendrin ein Bamberger, der im Vergleich zu diesen Leuten wohl steinreich sein muss. „Hier gehöre ich nicht her, das ist nicht meine Welt“, dachte ich mir wieder, wurde aber schon gleich darauf von dem zwölfjährigen Mädchen angesprochen.

Nun ging die fünfzigminütige Fahrt durch das Ghetto auf kaputten Straßen, vorbei an Müllhaufen und Blechbaracken, in die Richtung des Capital los. Dort angekommen trafen zwei Welten aufeinander: auf den Straßen fuhren schicke Autos, auf den Gehsteigen liefen Männer in Anzügen und die riesigen, modernen Gebäude warfen ihre langen Schatten auf den Lastwagen der Cartoneros. Irgendwie schon ein komisches Gefühl all diesen Reichtum zu sehen, wenn man sich unter Armen befindet. „Was denken sie, wie fühlen sie sich?“, fragte ich mich immer und immer wieder.
Endlich waren wir am Ziel. Wir stiegen ab, luden den Karren mit zwei großen Säcken (jeweils ein Kubikmeter Inhalt) vom großen LKW und dann ging es auch schon los. Aufgrund der Größe des Karrens mussten wir immer am Straßenrand laufen, was extrem gefährlich beim starken Verkehr in Buenos Aires ist. Oft kommt es vor, dass die Autos am Karren und auch an Chucky in einem sehr geringen Abstand vorbeifahren.

Chucky erklärt mir, dass wir jetzt seine normale Route ablaufen. Die Leute hier kennen mich schon und halten den Müll für mich bereit, erklärte er mir. An der ersten Straßenecke warteten auch schon die ersten schwarzen Müllbeutel darauf geöffnet zu werden. Zuerst schaut ich Chucky zu und ließ mir erklären, was alles verwertbar sei: Karton, Glas- und Plastikflaschen, Shampoo- und andere Plastikgefäße, Dosen, Zeitungs- und weißes Papier. Was Chucky nicht sammelt sind: Konservendosen, Spraydosen und schon recyceltes Papier – das bringt zu wenig Geld ein, meinte er.

Nach einer Zeit gewöhnt man sich daran Müllbeutel aufzureißen und darin herumzusuchen, auch wenn immer ein gewisses Eckelgefühl bleibt, wenn man zum Beispiel Babywindel oder Essensreste in der Hand hält. Langsam lernte ich die verschiedenen Müllbeutel nach ihren Wert zu schätzen: in Küchenbeutel sind meistens nur Essensabfälle und somit lohnt es sich überhaupt nicht sie aufzumachen. In Bürozimmerbeutel gibt es aber meistens immer weißes Papier, was ja gesammelt wird. Auch entwickelt man nach und nach ein Gefühl für den Müll: hier ist eine Plastikflasche, da eine Zeitung und dort ein Plastikgefäß.
Allen verwertbaren Müll wird in den riesigen Beutel auf den Karren geladen. Den richtigen Müll wird in die Müllsäcke zurückgegeben und wieder sauber an ihren Platz abgestellt. Vielleicht darf Chucky deswegen den Müll von den großen Mietshäusern durchsuchen, weil er so sauber arbeitet, dachte ich mir.
Denn so wie Chucky gesagt hatte, warteten die Portiere der Wohnblocks schon auf ihm, um ihm den Müll abholen zu lassen. Chucky grüßt sie freundlich, schleppt darauf die großen Beutel heraus und trägt sie zur nächsten Kreuzung um diese zu inspizieren. Durch dieses Abkommen mit den Portiers, läuft Chucky nicht Gefahr, dass ihm andere cartoneros zuvor kommen und ihn die wertvollen Schätze klauen.
So zogen wir nun von Haus zu Haus, von Müllbeutel zu Müllbeutel und luden ständig die gefundenen, wertvollen Sachen auf unseren Karren, bis beide Beutel komplett voll waren. Dann zogen wir mit Karren und gesammelten Müll zurück zum Lastwagen, aber nicht ohne die Gelegenheit zu verpassen, bei einem Kiosquo anzuhalten, um sich die Hände zu waschen, eine Cola zu trinken und ein Sandwich zu Essen. Chucky lud selbstverständlicherweise ein.

Für mich war es eine komische Situation, dass ich im Müll wühle und die anderen Leute an mir vorbeilaufen. Normalerweise sehe ich die Szene genau aus der anderen Perspektive. Nun fragte ich mich aber, was sich die Leute denken, wie sie sich fühlen, in welchem Licht sie mich sehen. Ich zumindest bin jedes Mal peinlich berührt, wenn ich cartoneros auf den Straßen von Buenos Aires sehe. Aber ich glaube für die Portenos (Einwohner von Buenos Aires) ist das so ein normaler Anblick, dass sie einfach weg schauen und sich keine Gedanken darüber machen wollen.
Eine Szene fand ich sehr bedrückend. Ein langsam vorbeifahrendes Auto warf eine leergetrunkene Plastikflasche direkt vor die Füße von Chucky und der Fahrer hatte dabei ein breites Grinsen im Gesicht. Chucky bedankte sich höflich und nahm die Flasche. Ich finde, dass man den Cartoneros auch mit Respekt entgegentreten muss

Für mich war dieser erste Tag eine wichtige Erfahrung; ich bin in eine Welt eingedrungen, die ich bisher nicht kannte, und wohl auch nicht für einen „reichen“ Deutschen geschaffen ist. Nun kann ich vielleicht einige meiner Projektkinder besser verstehen.
Ich bin schon gespannt auf die nächsten Tage.

Kalter Herbsteinbruch in Buenos Aires

01. Juni 2007

Zurzeit wird das maritime Klima der Hauptstadt Argentiniens von polaren Kaltluftmassen bestimmt. Dies hat zur Folge, dass bereits im normalerweise milderen Herbst, sehr tiefe Temperaturen erreicht werden.
Als ich vor ein paar Tagen früh um 8.30 Uhr mein Haus verließ, um zur Arbeit zu gehen, bildeten sich weiße Dampfwölkchen vor meinem Mund. Das Thermometer verriet mir den Grund: es hatte zwei Grad unter den Gefrierpunkt. In diesem Moment fühlte ich mich irgendwie sonderlich wohl, fast wie im deutschen Winter. Allerdings habe ich mich auch sehr an die Wärme des argentinischen Sommers gewöhnt und fror deswegen umso mehr.
Ich ließ mir sagen, dass diese Temperaturen die tiefsten sind, die hier erreicht werden und dies sehr ungewöhnlich für diese Jahreszeit ist.

Die Wirtschaft nutzt zurzeit in meinen Augen diese Klimasituation aus, um einen höheren Profit einzufahren. Zum Teil wurden viele Tankstellen nicht mehr mit Gas beliefert, bzw. die Preise für Gas sind rapide angestiegen. Dies hat vor allem für Taxifahrer einen hohen wirtschaftlichen Schaden, da die Taxis in Buenos Aires fast ausschließlich mit Gas betrieben werden.

Aber auch die Industrie selbst wird beeinflusst, da die Energiezufuhr von den großen Firmen reguliert wird. Zum Beispiel konnte General Motors zeitweise nur zwei Stunden am Tag arbeiten, da sie nicht ausreichend Energie zur Verfügung hatte.

Neben dem Taxifahrer sind auch viele öffentliche Gebäude, wie Schule schwer betroffen. Hier sind die Heizung einfach oft ausgeschalten und die Schüler werden in kalten Klassenzimmer unterrichtet. Dies trieb viele Schüler und Lehrer auf die Straße und in letzter Zeit gab es viele Proteste und Straßensperrungen.
Heute wurde ich erst der Zeuge, wie Schüler eine Hauptstraße komplett lahm legten und somit ein großes Verkehrschaos erzeugten. Auf ihren Bannern hatten sie Sprüche wie „Wir wollen eine Heizung“ geschrieben.

Aber auch wir Freiwilligen, hier in Banfield, spüren die Limitation des Gases. In unserem Haus haben wir leider keine fest installierte Heizung. Vielmehr heizen wir die Räume mit einer kleinen Gasheizung, die wir an eine Gasflasche anschließen. Das gute daran ist, dass sie somit mobil einsetzbar ist. Allerdings ist es über längere Zeit nicht wirklich effektiv und durch den Verbrennungsprozess nimmt der Sauerstoff des Zimmers stark ab, was manchmal mit starken Kopfschmerzen endet.
Zahlten wir noch vor ein paar Tage 21 Peso für eine Gasflasche, sind es heute schon fast 28 Peso. Ein extrem rapider Anstieg.
Auch muss man daran denken, dass in 4,6 Millionen Haushalten (bei 36 Millionen Einwohner ist das eine sehr hohe Zahl) die einzige Heizung eine solche mobile Gasflaschenheizung ist. Meist sind diese Haushalte sehr arm, wie zum Beispiel in Villa Fiorito viele Häuser von Projektkinder nur durch diese Heizung betrieben werden. Dieser 20% Anstieg ist ein sehr höhere Ausgabenpunkt, denn wohl nicht alle Familien so leicht wegstecken können. Viele müssen nun wahrscheinlich frieren.

Eigentlich müsste der Staat in solchen Kältesituation den Gasmarkt mit seinen Reserven regulieren. In meinen Augen, hat er aber gerade sein eigentliches Ziel verfehlt.

Meine aktuelle Arbeit: casa de los niños

22. Mai 2007

Mein Einsatzort

Seitdem ich im März wieder von meiner Reise wiedergekommen bin, arbeite ich immer jeweils am Montag und am Freitag im casa de los niños des Projektes Che Pibe. Hier sind die Kinder zwischen 6 und 13 Jahre alt und in drei verschiedene Gruppen unterteilt:

  • Primer nivel (die erste Gruppe): 6, 7 und 8 Jahre
  • Secundo nivel (die zweite Gruppe): 9 und 10 Jahre
  • Tercer nivel (die dritte Gruppe): 11, 12 und 13 Jahre

Zurzeit arbeite ich ausschließlich in der ersten Gruppe. Um 9.00 Uhr früh beginne ich meine Arbeit im turno mañana (Vormittagsgruppe), der bis 12.00 Uhr dauert. Danach gibt es immer zwischen 12.00 und 13.00 Uhr eine Besprechung der Erzieher. Anschließend findet der turno tarde (Nachmittagsgruppe) zwischen 13.00 bis 16.00 Uhr statt.

Meine Arbeit

Jeden Morgen wenn ich in der Arbeit eintreffe, frühstücken wir erst einmal mit den Kindern. Danach geht es immer in den Saal des primier nivel. Hier habe ich die Gelegenheit ein kleines Spielchen mit den Kindern zu spielen, damit sie sich ein bisschen austoben und sich somit später besser konzentrieren können. Ich spiele vor allem viele Kreisspiele mit den Kindern, da bei dieser Art des Spieles jeder teilnehmen muss und sich nicht verstecken kann. Bei den Kindern wird dies meist als willkommene Abwechslung angesehen und manchmal fordern sie mich regelrecht dazu auf ein Spielchen mit ihnen zu machen.
Aber auch die Betreuerin der Gruppe fragt mich immer vor der Stunde, ob ich eine Aktivität für die Kinder vorbereitet habe. Denn mittlerweile bin ich schon als vollwertiger profe (profesor – Lehrer) bei den Kindern und bei den anderen Betreuern anerkannt. Ich habe dieselben Rechte und sehe mich auf einer Ebene mit den anderen Sozialarbeitern. Diese Gleichberechtigung habe ich nicht zuletzt der eher linken politischen Ausrichtung des Projektes zu verdanken.
In den verfügbaren drei Stunden gebe ich außerdem noch kleinere Workshops für die Kindern. Zum Beispiel habe ich erst neulich artes plasticas (Basteln) mit ihnen gemacht. Hierbei durfte jedes Kind eine von mir vorgefertigte Schablone auf Tonpapier aufzeichnen und ausschneiden. Auf den verschiedenen Formen schrieb jeder seinen Namen und seinen Geburtstag und wir machten eine kleine Geburtstagswand. Durch diese kleine Aktivität wollte ich bewirken, dass sich die Kinder ihren eigenen Geburtstag besser merken können. Denn manche kennen diesen gar nicht auswendig.
Eine andere Aktivität war, dass ich mit dem Kinder über ihr Wochenende gesprochen habe. Jeder in der Gruppe musste eine kleine Geschichte vor den Anderen vortragen. Am Ende musste jeder sein schönstes Erlebnis des Wochenendes mit Buntstiften zeichnen. Natürlich zeichneten 90% der Jungen einen Fußballplatz.
Anschließend helfen die Betreuerin und ich den Kindern ihre Hausaufgaben anzufertigen. Hierbei kann ich besonders bei Mathematik weiterhelfen. Aber mittlerweile kenne ich mich mit Spanisch so gut aus, dass ich auch in lengua (Spanisch) eine große Hilfe darstelle. Hier befasse ich mich vor allem mit den Kindern, die ein großes Wissensdefizit aufweisen. Alle Kinder haben ihr eigenes Lernheft im Projekt und wir machen jede Stunde eine kleine Aktivität: zum Beispiel Buchstaben üben, Wörter oder Sätze schreiben, Rechnungen ausführen oder kleine Zeichnungen erstellen. Vielen leseschwachen Kindern helfe ich vor allem beim Schreiben und beim Lesen. Für diese Einzelbetreuung hätte die Betreuerin gar keine Zeit. Ich hingegen kann genau diese Form der Förderung mit den Kindern praktizieren. Zum Abschluss des Tages gehen wir bei schönem Wetter auf dem Fußballplatz. Dort spielen wir verschiedene Ballspiele, vor allem aber Fußball und Volleyball. Es wird Seil gehüpft, fangen gespielt, gesprungen und kleinere Spielchen gespielt. Hier können die Kleinen ihre ganze Energie loswerden, damit sie ausgeglichener sind.

Diese Woche wurde mir eine große Verantwortung zu Teile gemacht. Da der Profesor Javier des premier nivel turno manana (erste Gruppe am Vormittag) nicht da ist, wurde ich für eine Woche als ein richtiger profesor eingeteilt. Dass heißt, ich bin nun jeden Tag von 9.00 bis 12.00 mit ungefähr acht Kindern alleine und muss diese drei Stunden beschäftigen. Für mich bedeutet das eine sehr große Verantwortung und Verpflichtung. Aber gerade dadurch steigt auch meine Motivation ungemein an. Irgendwie ist es ein unbeschreiblich schönes Gefühl nach acht Monaten im Stande zu sein, eine eigene Gruppe selbst zu führen.

Kinder, Lachen, Spaß, Geschreie und kleine Probleme

Für mich gehören all diese Sachen zusammen. Denn meine Kinder im Projekt können einen nicht nur Unmenge an Freude bereiten, sondern auch manchmal Kopfzerbrechen über ihr merkwürdiges Verhalten.
Die meisten Kinder sind aber wirklich sehr freundlich und sie lieben mich über alles. Es ist ein unbeschreiblich schönes Gefühl, wenn ich im Projekt ankomme und schon drei Kinder auf mich zugestürmt kommen und ganz laut „Patriiiik“ rufen und mich ganz fest umarmen. Viele wollen dann, dass ich sie hochnehme, Huckepack mit ihnen mache, ihnen die Hand gebe oder sie umarme. Fast alle sind wirklich sehr liebenswürdig.
Auch werde ich von ihnen „profe“ (profesor – Lehrer) genannt. Für mich ist das eine sehr große Anerkennung, dass ich von den Kindern die gleiche Achtung bekomme, die sie alle anderen Betreuer auch entgegenbringen. Dies hat zur Folge, dass ich als Respektsperson angesehen werde und die Kinder besser auf mich hören. Manchmal wundere ich mich selbst, wie gut ich dich Kleinen im Griff habe.

Aber natürlich gibt es auch einige sehr schwierige Fälle. Denn die Kinder kommen meistens aus zerrüttelten und sehr armen Familienverhältnissen.
Einer meiner Kinder, Ezequiel, lebt zum Beispiel mit seinem Vater und seinem zwei kleineren Brüdern zusammen in Fiorito. Die Eltern sind getrennt und das Sorgerecht hat nicht, wie im argentinischen Gesetz verankert, die Frau, sondern vielmehr der Mann. Denn die Frau ist Alkoholikerin, lebt in Constitución (ein Bahnhof) und es ist die Rede von Drogen und Prostitution. Bei dieser Vergangenheit ist es nicht verwunderlich, dass der Kleine schwere seelische Probleme hat. Manchmal spielt er „Power Ranger“ und will sich mit den anderen Jungs prügeln. In solchen Situationen helfen Worte nichts mehr und er ist nicht mehr aufzuhalten.
Ich habe allerdings auch schon große Erfolge mit ihm gehabt. Wenn er der einzige Junge in der Gruppe ist, dann zeichnet und bastelt er konzentriert und aufmerksam. Auch übe ich oft Schreiben und Lesen mit ihm, da sein Niveau sehr niedrig ist.

Ein anderer Junge ist Christian. Dieser hat ein starkes Liebesbedürfnis und klebt immer förmlich an mir oder will ständig Huckepack machen.
Einmal als ich seine Bitte, dass ich ihm auf die Schultern nehme, verneinte, wurde er richtig böse und fing mich an mit seinen Turnbeutel und seiner Jacke zu schlagen. Ich nahm ihm diese Sachen ab, worauf er zwei große Steine aufhob und diese drohend in die Luft hob. Das einzige was er wollte, war Aufmerksamkeit erwecken. Als ich das erkannte und mich von ihm abwand, kamen auch schon die beiden großen Steine geflogen. Später als wir ins Klassenzimmer zurückkehren wollte, warf er sich auf dem Boden, schrie ganz laut, tritt und spuckte um sich und wollte sich nicht um einen Zentimeter von der Stelle bewegen. Nicht einmal die anderen Betreuer konnten zu ihm durchdringen. Mit dem Jungen konnte man einfach nicht mehr reden.
Ich kann mir nicht vorstellen, was in diesen Jungen vor sich geht. Aber auch seine Schwester erweckt einen schwierigen Eindruck: sie ist total schüchtern und bringt nicht ein Wort heraus. Beide kommen meist immer mit derselben, sehr dreckigen Kleidung in das Projekt. Die Haare sind zerzaust und verfilzt und das Gesicht dreckig. Beide können so gut wie gar nicht Lesen und Schreiben.
Desto mehr hat es mich gefreut, dass ich nach diesem Vorfall mit Christian, in der nächsten Stunde mit ihm die Zahlen üben konnte und er wieder ganz normal war. Auch mit seiner Schwester übe ich jede Stunde intensiv die Buchstaben.

Im Gossen und Ganzen…

… bin ich mehr als glücklich mit meiner Arbeit im casa de nino. Auch wenn ich manchmal an Grenzen stoße, bei denen ich nicht weiß wie ich mich verhalten soll. Am liebsten würde ich in solchen Momenten genau wissen, wie ich mich zu verhalten habe, oder was ich zu den Kindern sagen muss.
Für mich ist immer der schönste Moment nach der Arbeit: ich bin noch im Speisesaal und trinke einen heißen Tee mit den anderen Betreuer. Der Raum wird von einer unbeschreiblich schönen Stille erfüllt und ich sage mir, dass ich heute wieder etwas Kleines bewegen konnte. Ein unbeschreibliches Gefühl

D.E.L.E. Spanischzertifikat

14. Mai 2007
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In den letzten zwei Monaten belegte ich jeweils zwei Mal in der Woche einen Spanischkurs, um meine Sprachkenntnisse zu verbessern. Das Ziel dieses Kurses war es den D.E.L.E. (Diploma de Español como Lengua Extrañera) zu bestehen.
Dieser ist ein internationales Diplom, welches in drei verschiedenen Schwierigkeitsstufen vom spanischen Kulturministerium ausgestellt wird. Die Prüfung findet nur drei Mal im Jahr statt und wird weltweit nur an Cervantes Instituten durchgeführt. In Argentinien gibt es nur eines dieser Institute, das sich natürlich in Buenos Aires befindet. Die komplette Prüfung wird daraufhin nach Spanien geschickt und dort kontrolliert. Die Prüfung besteht insgesamt aus fünf verschiedenen Teilen:

  • Leseverständnis
  • Schriftlicher Ausdruck
  • Hörverständnis
  • Grammatik und Vokabular
  • Mündliche Verständigung

Am letzten Samstag absolvierte ich die vierstündige Prüfung (intermedio) und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich diese bestanden habe. Die Ergebnisse werden mir aber erst in zwei Monaten mitgeteilt.

Aber auch, wenn ich die Prüfung nicht bestanden haben sollte, konnte ich in der letzten Zeit ziemlich viel dazulernen. Viele Sachen sind mir nun viel klarer geworden.
Am Anfang war mir zum Beispiel nicht genau klar wo der genau Unterschied zwischen „ser“ und „estar“ liegt (im Spanischen gibt es zwei Wörter für „sein“). Und nun kenne ich über zwanzig verschiedene Fälle, wann man welches der beiden Wörter benutzen muss. Neulich wollte mich ein deutsches Mädchen (auf Spanisch) fragen, woher ich komme. Sie hat aber die falsche Form von „sein“ benutzt und mich stattdessen gefragt wo ich mich gerade befinde. Im schaute sie extrem verwirrt an und dachte mir: „Aber ich stehe doch hier vor dir, wieso fragst du mich, wo ich bin?“ Aber dann bemerkte ich, dass sie den „Anfängerfehler“ gemacht hat und die beiden Formen verwechselte. Wenn man die Sprache lernt ist einem dieser gewaltige Unterschied einfach nicht bewusst. Dieser ist mir allerdings nun schon ins „Blut übergegangen“.
Auch habe ich die Form Subjuntivo gelernt, die es im Deutschen nicht gibt, und die hier zum Beispiel benutzt wird, wenn man einen Willensäußerung oder eine Gefühlsäußerung von sich geben will. Mittlerweile benutze ich den Subjuntivo ständig im Alltag. Dies war vorher nicht der Fall.
Im Großen und Ganzen haben sich meine Grammatikkenntnisse und mein Vokabelschatz extrem verbessert.

Aufgrund des Testes und meiner Arbeit konnte ich bis jetzt noch nicht meinen dritten Erfahrungsbericht anfertigen, dass ich jetzt aber nachholen will. Auch will ich bald auf der Internetseite einen Einblick in meine alltägliche Arbeit geben.

Wieder daheim

23. März 2007

Nachdem ich am Dienstag, den 06.03.2007 wieder in Buenos Aires angekommen bin, habe ich meine Reise, die fast mehr als einen Monat gedauert hat, beendet. Für mich war es ein sehr schönes Gefühl endlich wieder zu Hause zu sein, wieder in seinem eigenen Bett zu schlafen, seine gewohnte Umgebung zu erleben und alle Freunde wieder zu treffen.

Meine Reise ist gut verlaufen. Auch wenn es einige Probleme gab, hat am Ende alles geklappt. Ich habe viel gesehen und bin sehr froh darüber, dass ich die Möglichkeit hatte, diese Reise zu machen. Dadurch haben sich viele neue Einblicke für mich aufgetan und ich konnte viel dazulernen.

Vom 18.02.2007 bis zum 28.02.2007 war dann das Zwischentreffen mit allen Südamerikafreiwilligen in Cochabamba, Bolivien angesagt. Wir tauschten unsere Erfahrungen aus, sprachen über die Vergangenheit, aber auch über die Zukunft, spielten Spiele, entwarfen viele Pläne und tranken auch einmal ein Bier zusammen. Im Großen und Ganzen war das Zwischentreffen eine wirklich große Bereicherung für uns alle.

Aber auch hier in Buenos Aires war schon wieder viel los. Letzten Sonntag sind zwei Leute vom Vorstand von Wise e.V., Pablo und Cordula, nach Buenos Aires gekommen um die Freiwilligen und das Projekt zu besuchen. Ich veranstaltete ein großes Asado (Grillfeier) mit vielen Projektmitarbeitern und am nächsten Tag führte ich die zwei durch das Projekt und gab ihnen Einblicke in meinen Arbeitsalltag.

Am Ende machten sie doch einen sehr zufriedenen Eindruck, auch wenn es natürlich viele konstruktive Kritik gab – zu verbessern gibt es immer etwas.

Von all dem möchte ich in meinem dritten Erfahrungsbericht erzählen. Ich hoffe dass ich diesen bald veröffentlichen werde.

Auf meiner Reise, habe ich die ein oder andere Gefahr überstanden:

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Nach dem Asado mit dem Vorstand: eine kleine Gitarreneinlage

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Der Beginn meiner ersten Reise

30. Januar 2007

Heute, am Dienstag der 30.01.2007, werde ich meinen ersten Urlaub nehmen und eine große Besichtigungstour durch Südamerika beginnen. Ich freue mich schon sehr darauf, vor allem auf die unglaublich schönen Landschaften. Natürlich werde ich in meinem nächsten Erfahrungsbericht ausführlich darüber berichten.

Dies wird auch der Grund sein, wieso ich nächster Zeit sehr schwer, nur über Email, zu erreichen bin.

Letzte Woche habe ich meine zweite Arbeitsphase im casa de nino abgeschlossen. Und so viel verrate ich schon: es hat mir unglaublich viel Spaß gemacht mit den Kleinen zusammenzuarbeiten. Als ich mich verabschiedete, habe ich ungefähr dreißig Zeichnungen von den Kindern erhalten, alle mit Liebe gemalt. Darauf konnte man lesen: „Patrick, wir werden dich vermissen“, „Wir lieben dich alle“, oder „Gute Reise und alles Gute zum Geburtstag“. Das war mit Abstand mein allerschönstes Geschenk, was ich dieses Jahr bekommen habe.

Damit man sich einen kleinen Eindruck von den Kindern im casa de nino machen kann, stelle ich hier fünf Fotos aus.

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